LESERFRAGEN EXPERTENTELEFON \"Darmerkrankungen\" am 14.10.2010

Mich plagen seit Monaten Durchfälle und krampfartige Bauchschmerzen. Ich habe Angst, dass ich an einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) leide. An wen kann ich mich für eine Abklärung wenden? Welche Untersuchungen sind nötig?

 

 

 

 

 

 

 

  • PD Dr. Kühbacher: Die Symptome, die Sie beschreiben, treffen auch auf andere Erkrankungen des Magen-Darmtrakts zu und müssen nicht bedeuten, dass Sie an einer CED leiden. Eine Abklärung ist aber dringend geboten. Besprechen Sie daher mit Ihrem Hausarzt die Problematik. Er wird Sie an einen Facharzt überweisen. Beim Gastroenterologen werden neben einer körperlichen Untersuchung und einem ausführlichen Gespräch verschiedene Bluttests und apparative Untersuchungen wie Atemtests, Stuhluntersuchungen, Ultraschall, Magen- und Darmspiegelung durchgeführt. Erst anhand dieser Ergebnisse kann eine sichere Diagnose gestellt werden.

Vor kurzem wurde bei mir Colitis ulcerosa festgestellt. Was ich dazu lese, beunruhigt mich sehr. Kann man vorhersagen, wie die Krankheit bei mir verlaufen wird? Wo finde ich weitere Informationen?

  • PD Dr. Kühbacher: Den Verlauf der Erkrankung kann man leider noch nicht vorhersagen. Es gibt aber einige Dinge, die Sie tun können, um den Verlauf möglichst günstig zu beeinflussen: Jährliche Endoskopien zur Krebsprophylaxe und regelmäßige Besuche bei einem Gastroenterologen, der sich mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen auskennt. Scheuen Sie sich nicht, Fragen und Ängste offen anzusprechen, denn Sie bilden mit Ihrem Arzt ein Team gegen die Erkrankung. Dazu gehört auch, dass Ihnen die Behandlung gut erklärt wird und mögliche Behandlungsalternativen besprochen werden. Weitere Informationen erhalten Sie bei der Selbsthilfeorganisation DCCV e.V. und über das Kompetenznetz Darmerkrankungen.

Gibt es bei Colitis ulcerosa Alarmsignale für einen erneuten Schub? Wie kann ich rechtzeitig vorbeugen?

  • PD Dr. Ochsenkühn: Die wichtigsten Alarmsignale für einen Schub sind Bauchschmerzen, Schleim im Stuhl, Blut im Stuhl und eine erhöhte Stuhlfrequenz. Doch soweit muss es nicht kommen. Meiner Meinung nach sollte man eine Colitis dauerhaft behandeln und den nächsten Schub effektiv verhindern. Es gibt drei Klassen von Therapeutika, die dafür eingesetzt werden können: Mesalazine, Azathioprin und TNF-alpha-Blocker.

Meine Schwester hat Morbus Crohn und geht kaum noch vor die Tür. Kann ihr eine Selbsthilfegruppe Unterstützung bieten, damit sie sich nicht so abkapselt?

  • Dr. Howaldt: Morbus-Crohn-Patienten haben durchaus nachvollziehbare Gründe, wenn sie sich abkapseln: Sie tun dies, weil der Stuhlgang im akuten Schub nicht mehr zu steuern ist. Wenn ein Patient auf die Toilette muss, dann meistens sofort. Daher vermeiden viele das Risiko rauszugehen, weil sie fürchten, draußen nicht schnell genug eine Toilette zu finden. Das erste und absolut wichtigste Ziel ist es also, Ihre Schwester mit Hilfe einer entsprechenden Therapie aus dem akuten Krankheitsschub herauszubringen. Gelingt dies - was fast immer der Fall ist -, wird sie auch wieder am normalen Leben teilhaben können. Selbsthilfegruppen sind gut und können vielen Menschen helfen. Bei Ihrer Schwester ist aber zunächst der Arzt gefragt.

Neben meinem Morbus Crohn habe ich auch Beschwerden an der Galle und den Gelenken - gibt es da einen Zusammenhang?

  • PD Dr. Kühbacher: Ja, bei Morbus Crohn und bei Colitis ulcerosa können auch außerhalb des Darms Organe befallen sein. So kann es zu einer Entzündung der Gallengänge kommen oder auch zu Gallensteinen. Gelenkbeschwerden wie Arthralgien oder Arthritis kommen gehäuft bei CED vor. Eine gute Therapie kann aber auch diese Beschwerden behandeln.

Mein Mann leidet seit Jahren an Colitis ulcerosa. Jetzt hat ihm sein Arzt eine Therapie mit Biologics verordnet. Wie wirken diese Medikamente?

  • PD Dr. Ochsenkühn: Biologics sind Antikörper, die gegen einen der wichtigsten Entzündungsbotenstoffe (TNF-alpha) gerichtet sind. Wird die Therapie umgestellt, merkt man das sofort. Es ist bekannt, dass der Effekt zumeist innerhalb von 24 Stunden eintritt. Die Antikörper bleiben für längere Zeit im Organismus. Um die beschwerdefreien Intervalle zu verlängern, muss man diesen Wirkspiegel aufrechterhalten und alle acht Wochen erneuern.

Obwohl ich meinen Morbus Crohn mit Medikamenten gut im Griff habe, habe ich permanent Angst vor dem nächsten Schub. Wie kann man die symptomfreie Phase verlängern? Gibt es außer Medikamenten auch andere, vielleicht alternative Methoden?

  • Dr. Howaldt: Es gibt viele gute Medikamente, die eine schubfreie Zeit erlauben. Da der Krankheitsverlauf des Morbus Crohn recht individuell ist, müssen bei einigen Patienten in solchen Phasen auch gar keine Medikamente eingesetzt werden. Die beste und wirksamste Möglichkeit, eine schubfreie Phase zu ermöglichen, ist eine konsequente Stressverarbeitung und nicht zuletzt natürlich auch Stressvermeidung.

Welche Konsequenzen hat mein Morbus Crohn für meine Familienplanung? Wäre es möglich, dass ich die Erkrankung an mein Kind vererbe? Sind Komplikationen in der Schwangerschaft zu erwarten?

  • Prof. Raedler: Für die Familienplanung hat Morbus Crohn keine Bedeutung, obwohl die Krankheit tatsächlich auch genetisch mitbedingt ist. Aber eine Frau, deren Partner keinen Morbus Crohn hat, müsste über zwanzig Kinder gebären, damit eines ganz sicher Morbus Crohn bekommt. Auch die Therapie ist unbedenklich. Die Medikamente, die gegen Morbus Crohn eingesetzt werden, haben keinerlei Auswirkungen auf die Schwangerschaft.

Früher war mein Mann oft im Fitnessstudio. Doch seit bei ihm eine CED festgestellt wurde, geht er nicht mehr hin. Gibt es schonende Sportarten?

  • Dr. Howaldt: Eigentlich kann Ihr Mann weiterhin ins Fitnessstudio gehen, die CED ist hier kein Ausschlusskriterium. Aber es gibt natürlich auch schonendere Sportarten wie zum Beispiel Fahrradfahren, Schwimmen oder Nordic Walking. Die Patientenbroschüre "Bauchaufschwung" liefert eine Fülle Tipps rund um das Thema CED und Sport. Man kann sie unter www.darmexperte.de bestellen.

Mein Arzt sagt, ich soll mit dem Rauchen aufhören. Warum darf ich mit Morbus Crohn nicht rauchen? Auch auf Alkohol soll ich verzichten.

  • PD Dr. Ochsenkühn: Es ist eindeutig nachgewiesen, dass das Rauchen ein Auslöser für Morbus Crohn ist. Rauchen verstärkt die Krankheit und ist somit ein aggressiver Faktor, der die Entstehung des Morbus Crohn stark beeinflusst. Ein Rauchstopp kann aktiv zur Verbesserung der Erkrankung beitragen. Es hat fast schon einen therapeutischen Effekt. Anders ist dies übrigens bei der Colitis ulcerosa. Hier gibt es sogar Studien, dass das Rauchen die Erkrankung lindern kann. Über Alkohol gibt es keine Daten. Meiner Meinung nach können Patienten Alkohol in Maßen genießen – eine vollkommene Abstinenz ist nicht erforderlich.

Mein Arzt hat bei mir einen chronischen Reizmagen diagnostiziert, aber ich finde meine Symptome weisen eher auf Morbus Crohn hin. An wen kann ich mich für eine Abklärung wenden? Welche Untersuchungen sind nötig?

  • Prof. Raedler: Um auf Morbus Crohn zu schließen, muss ein entsprechendes Beschwerdebild mit Durchfällen und Schmerzen vorhanden sein. Die Diagnose kann in der Regel durch eine Spiegelung von Dickdarm und Ende des Dünndarms gestellt werden. In wenigen Fällen muss man auch den Dünndarm und den Magen spiegeln, um Morbus Crohn in der Schleimhaut erkennen zu können. In jedem Fall sollten Sie einen erfahrenen Gastroenterologen aufsuchen

Mein 20-jähriger Sohn soll seinen Morbus Crohn mit Biologics behandeln. Doch gerade bei einem jungen Menschen bin ich skeptisch. Wann ist eine Therapie mit diesen Medikamenten sinnvoll?

  • Prof. Raedler: Sie ist sinnvoll, wenn man durch ein oder zwei Versuche mit Cortison über sechs bis acht Wochen keine Beschwerdefreiheit erreichen konnte. Auch wenn Immunsuppressiva nicht rechtzeitig wirken oder die Symptome nicht kontrollieren können, auch wenn Fisteln vorhanden sind, ist der Einsatz von Biologics angezeigt. Man muss vor den biologischen Medikamenten keine Angst haben, die Nebenwirkungen sind deutlich geringer als bei anderen Medikamenten. Im Lauf der Therapie wird ständig kontrolliert, ob es der Leber, der Bauchspeicheldrüse und dem Knochenmark noch gut geht.
Quelle: deutsche journalisten dienste (djd),
Gesundheitsthemen