Gemeinsame Pressemitteilung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) vom 26.10.2010

Studie zu Familienplanung und Migration

BZgA und BMFSFJ stellen Studie zu Frauen mit türkischem und osteuropäischem Migrationshintergrund vor

Den Zusammenhang von Familienplanung und Migration zu untersuchen sowie den Informations- und Beratungsbedarf von Migrantinnen zu Themen wie Familienplanung und Verhütung festzustellen - das war das Ziel einer Studie, die die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) durchgeführt hat. Zentrales Ergebnis: Bildung verschiebt die Familiengründung nach hinten. Für die Studie wurden in Berlin, Stuttgart, Nürnberg und Oberhausen 1.674 Frauen mit türkischem und osteuropäischem Migrationshintergrund befragt, sowie 839 deutsche Frauen im Alter von 20 bis 44 Jahren. Die Ergebnisse werden heute (Dienstag) und morgen (Mittwoch) auf der Tagung "Frauen leben - Familienplanung und Migration" der BZgA zusammen mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) in Berlin vorgestellt.

"Frauen mit Migrationshintergrund brauchen unsere besondere Unterstützung", sagt die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Kristina Schröder. "Diese Frauen stehen oft vor einer doppelten Herausforderung: In einer für sie neuen und fremden Umgebung müssen sie sich selbst zurechtfinden und integrieren - um zugleich ihre Kinder zu  erziehen und ihnen faire Chancen in dieser Gesellschaft zu ermöglichen. Hinzu kommen nicht selten sprachliche Defizite und starke patriarchalische Strukturen im Familienkreis, die beide diese doppelte Integrationsleistung erschweren. Nötig sind daher maßgeschneiderte  Angebote, um zugewanderte Frauen und ihre Partner rechtzeitig zu erreichen. Dazu gehören insbesondere auf Frauen mit Migrationshintergrund zugeschnittene Bildungsangebote", so Bundesfamilienministerin Kristina Schröder.

Wie die Studienergebnisse zeigen, spielt die Schulbildung eine entscheidende Rolle. Je  niedriger der Bildungsstand, desto früher heiraten Frauen und umso mehr Kinder werden  geboren. Der Informationsbedarf ist ebenfalls umso größer, je geringer die Schulbildung.  Dabei stehen Fragen zur Familienplanung und Verhütung, zu sexuell übertragbaren  Krankheiten und Aids aber auch zu Themen wie Rechte und Pflichten von Mann und Frau in der Familie oder zum Elterngeld im Mittelpunkt. Türkische Frauen bevorzugen vor allem  Ärztinnen und Ärzte, um sich zu informieren, und das am liebsten in ihrer Muttersprache.  Das Internet gewinnt mit steigender Bildung an Bedeutung.

"Bildung und ausreichende Sprachkenntnisse sind das ,A und O', um Menschen mit den  vorhandenen Angeboten zur Gesundheitsförderung, Familienplanung und Sexualaufklärung  zu erreichen", betont Prof. Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für  gesundheitliche Aufklärung. "Das trifft auf deutsche Bürgerinnen und Bürger genauso zu wie  auf Menschen aus anderen Herkunftsländern. Für Migrationsgruppen müssen die Angebote  zusätzlich migrationssensibel auf die spezifischen Lebenssituationen und Einstellungen eingehen. Außerdem empfiehlt es sich, Migrantinnen ergänzend durch personalkommunikative Angebote anzusprechen." Dies sind zentrale Ansätze, die sich im  Migrationskonzept der BZgA zur Sexualaufklärung und Familienplanung wiederfinden. "Auf  der heute und morgen stattfindenden Expertentagung wollen wir anhand der vorliegenden  Forschungsergebnisse und  der Erfahrungen aus der praktischen Arbeit mit Migrantinnen und Migranten diskutieren, welche Beratung Migrantinnen zu Fragen  der Familienplanung  und Verhütung zusätzlich benötigen, wie man sie anspricht und wie man die  unterschiedlichen Gruppen am besten erreicht. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass konkrete  Informationen und Hilfen für Migrantinnen sowohl im Gesundheitsbereich, als auch  themenübergreifend im Sozial-, Familien- und Bildungsbereich angeboten werden müssen",  so Prof. Dr. Elisabeth Pott.

Hier die wichtigsten Ergebnisse der Studie:

  • 18 Prozent der weiblichen Bevölkerung in Deutschland haben einen Migrationshintergrund. Zwei Fünftel dieser Frauen sind zwischen 20 und 44 Jahre alt. Familienplanung und Familienbildung spielen für sie eine wichtige Rolle. Lediglich  sechs Prozent der türkischen und acht Prozent der osteuropäischen Befragten über  34 Jahre sind kinderlos, bei den westdeutschen Frauen sind es 17 Prozent.
  • Türkische Zuwanderinnen kommen häufig ohne Ausbildungsabschluss und mit geringen Deutschkenntnissen nach Deutschland. Demgegenüber verfügen die Osteuropäerinnen von Anfang an über eine höhere Schul- und Berufsausbildung.
  • Als Verhütungsmittel wird in allen drei Herkunftsgruppen am häufigsten die Pille genommen.
  • Schwangerschaftsabbrüche kommen in beiden Migrationsgruppen häufiger vor als bei deutschen Frauen. Bezogen auf jeweils 100 Frauen haben durchschnittlich 27  türkische, 48 osteuropäische und neun deutsche Frauen einen Schwangerschaftsabbruch vorgenommen. Unabhängig vom Herkunftsland brechen mehr Frauen mit niedriger Schulbildung eine Schwangerschaft ab als Frauen mit  höheren Bildungsqualifikationen.
  • Der Informations- und Beratungsbedarf ist hoch. Die Hälfte der türkischen Frauen  wendet sich bei Fragen zur Familienplanung, zur Verhütung, zu sexuell übertragbaren Krankheiten oder Aids an die Ärzteschaft, vor allem an Gynäkologinnen und  Gynäkologen. Dabei ist es ihnen wichtig, dass sie sich in ihrer Muttersprache  informieren können. Osteuropäerinnen informieren sich ähnlich wie deutsche Frauen am liebsten über das Internet oder Informationsmaterialien. Generell gilt: mit  zunehmender Bildung steigt der Stellenwert des Internets.

Weitere Informationen zur Tagung und zur Studie "Frauen leben - Familienplanung und Migration" stehen im Internet unter http://www.forschung.sexualaufklaerung.de.

Weitere Informationen zur Familienpolitik der Bundesregierung finden Sie im Internet unter www.bmfsfj.de [ http://www.bmfsfj.de_blank ].

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Quelle: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA),
Gesundheitsthemen